Wie Kinder den Straßenverkehr erleben – und warum das unser Verhalten verändern sollte
Kinder bewegen sich tagtäglich im Straßenverkehr – sei es auf dem Schulweg, beim Spielen oder beim Überqueren der Straße. Dabei sind sie besonders gefährdet. Nicht, weil sie unachtsam sind, sondern weil sie die Welt ganz anders wahrnehmen als wir Erwachsenen. Wer das versteht, kann aktiv dazu beitragen, unsere Straßen sicherer zu machen – vor allem für die Jüngsten.
Wie nehmen Kinder den Straßenverkehr wahr?
Kinder nehmen den Straßenverkehr anders wahr als Erwachsene – sowohl körperlich als auch kognitiv. Ihr Blickwinkel ist niedriger, ihr peripheres Sehen noch nicht vollständig entwickelt und viele typische Verkehrssituationen können sie weder richtig einschätzen noch vorausschauend beurteilen.
Die Körpergröße spielt eine entscheidende Rolle
Kinder sind kleiner und können nicht über parkende Autos, Zäune oder Hecken hinwegsehen. Ihre Sicht auf die Straße ist häufig versperrt. Verkehrssituationen, die für Erwachsene übersichtlich erscheinen, wirken auf Kinder oft unklar und unberechenbar. Dadurch können sie Gefahren nur schwer erkennen oder richtig einschätzen.
Eingeschränktes Sichtfeld und eingeschränkte Wahrnehmung
Kinder konzentrieren sich stark auf das, was sich direkt vor ihnen abspielt. Gefahren, die von der Seite kommen – etwa herannahende Fahrzeuge aus Einfahrten oder Kreuzungen – nehmen sie oft gar nicht wahr. Das bedeutet nicht, dass Kinder peripher nichts sehen, sie können diese Information des Auges jedoch noch nicht gut verarbeiten. Um das Gesehene richtig bewerten und interpretieren zu können, sind vielfältige Lern- und Erfahrungsprozesse notwendig.
Perspektivenwechsel fällt Kindern schwer
Typisch für kleinere Kinder ist das sogenannte egozentrische Denken: Sie glauben oft, dass andere Menschen dieselbe Sichtweise haben wie sie selbst. Im Straßenverkehr heißt das konkret: Ein Kind denkt „Wenn ich das Auto sehe, sieht mich der Autofahrer auch.“ – eine gefährliche Fehleinschätzung.
Unser Tipp für Eltern: Verkehrssicherheit aktiv üben
- Üben Sie mit Ihren Kindern die Wege, die das Kind alleine zurücklegen soll. Wie den Schulweg oder Wege zu Freuden. Trainieren Sie gezielt die Gefahrenerkennung: Gehen Sie gemeinsam Wege ab, sprechen Sie über unübersichtliche Stellen und erklären Sie, worauf es im Straßenverkehr ankommt
- Straße sicher überqueren: Üben Sie regelmäßig das richtige Verhalten beim Überqueren der Straße – mit der einfachen Regel: Links – Rechts – Links schauen – gehen nur, wenn die Straße frei ist.
- Blickkontakt herstellen: Ermutigen Sie Ihr Kind, vor dem Überqueren der Fahrbahn immer Blickkontakt mit Autolenkern aufzunehmen. Erst wenn alle Fahrzeuge stehen, darf gegangen werden.
Was Erwachsene im Straßenverkehr beachten sollten
Kinder verhalten sich im Straßenverkehr oft unvorhersehbar – nicht aus Unachtsamkeit, sondern weil sie Gefahren anders wahrnehmen als Erwachsene. Ihre Reaktionen sind oft spontan, impulsiv oder altersbedingt noch nicht regelkonform.
Deshalb gilt: Kinder sind laut der österreichischen StVO vom Vertrauensgrundsatz ausgenommen. Erwachsene Verkehrsteilnehmende dürfen also nicht darauf vertrauen, dass sich Kinder verkehrsgerecht oder vorausschauend verhalten. Stattdessen sind sie gesetzlich dazu verpflichtet, besondere Vorsicht und Rücksicht walten zu lassen – insbesondere in der Nähe von Schulen, Kindergärten, Spielplätzen, Sportanlagen und Wohngebieten.
Daher Reduzieren Sie Ihre Geschwindigkeit und seien Sie jederzeit bremsbereit.
Was jeder von uns tun kann
Geduld zeigen rettet Leben
Kinder nehmen den Straßenverkehr anders wahr als Erwachsene. Sie können Entfernungen und Geschwindigkeiten oft noch nicht richtig einschätzen – vor allem nicht bei fahrenden Autos. Daher haben viele Kinder gelernt:
„Ich darf erst gehen, wenn das Auto wirklich steht.“
Das führt häufig zu Situationen, in denen Kinder am Zebrastreifen zögern – obwohl der Fahrzeuglenker sie bereits gesehen hat und abbremst.
In solchen Momenten ist Geduld gefragt. Reagieren Sie verständnisvoll und setzen Sie ein deutliches Zeichen: Bleiben Sie stehen – sichtbar und eindeutig. So geben Sie dem Kind die Sicherheit, die es braucht, um gefahrlos zu queren.
Freie Sicht für Kinder – falsch geparkt ist gefährlich
Achten Sie genau drauf, wo sie ihr Auto vor allem bei Schulen, Parks, Spielplätze, etc. abstellen. Verstellen Sie keine Sichtbeziehungen – Denn freie Sicht kann Leben retten.
Vertiefende Informationen zur kindlichen Wahrnehmung
Das Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV) hat in einem Kurzbericht zentrale Erkenntnisse zur kindlichen Wahrnehmung und zum Perspektivenwechsel im Straßenverkehr zusammengefasst: Kurzbericht Kindliche Wahrnehmung und Perspektivenwechsel.
Mehr Sicherheit beginnt mit Verständnis
Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Ihr Verhalten im Straßenverkehr ist altersbedingt eingeschränkt – sie können Gefahren oft nicht richtig einschätzen, reagieren impulsiv und nehmen ihre Umgebung anders wahr. Wer sich dieser Unterschiede bewusst ist, fährt rücksichtsvoller und schützt so die schwächsten Verkehrsteilnehmer. Unser gemeinsames Ziel ist ein achtsames, respektvolles Miteinander auf der Straße.
Ein hilfreiches Mittel, um als Erwachsener die kindliche Perspektive einzunehmen, ist das K!SA Periskop